Lieferant der leichtgewichtigen Fiberglas-Karosserie war der kalifornische Bootsbau-Spezialist Glasspar. Dessen innovative Fiberglas-Produktionstechniken hatten Volvo-Chef Assar Gabrielsson überzeugt, als er 1953 den Start von Volvo auf dem US-Markt vorbereitete und dazu einen extravaganten Roadster als Leuchtturmprojekt plante. Noch im selben Jahr entwickelte Glasspar erste Karosserieentwürfe für den P 1900 und schon im Frühling 1954 schickten die Amerikaner drei Prototypen über den Atlantik zur Presse- und Publikumspräsentation in Göteborg auf dem Flughafen Torslanda. Die Startbahn bot das perfekte Launchpodium für den zweisitzigen Roadster mit spektakulärem Kühlergrilldesign im Stil einer Jet-Turbine. So viel Temperament entfesselte der 1,4-Liter-Vierzylinder zwar nicht, aber es reichte doch für die damals überaus sportliche Höchstgeschwindigkeit von bis zu 170 km/h. Die Fachwelt war begeistert, hatte doch niemand mit einem solchen Sportwagen und einer europäischen Serienfertigung von Kunststoffkarosserien in diesem Segment gerechnet.
Volvo hatte große Pläne mit dem Schmuckstück, das ausschließlich für den Export vorgesehen war und neue Märkte in Nordamerika, Südamerika und sogar Afrika erschließen sollte. Dazu kündigte Volvo eine erste Serie von nicht weniger als 300 Fahrzeugen an. Um dies zu realisieren, beinhaltete der Vertrag mit Glasspar auch die Schulung von Volvo-Mitarbeitern in der Produktion der Fiberglas-Karosserien, die in den drei exklusiven Lackierungen hellgelb, hellgrau und hellblau ausgeliefert wurden. Am Ende blieben die Stückzahlen des Volvo Sport P 1900 aber so bescheiden, dass der offene Zweisitzer auch auf dem Heimatmarkt angeboten wurde.
Tatsächlich betrat Volvo mit diesem ersten Serienauto aus glasfaserverstärktem Kunststoff produktionstechnisches Neuland, wie auch die werkseitigen Langstreckentests durch ganz Europa und Nordafrika zeigten. Nie konnte die Karosserie aber gänzlich den Qualitätsanforderungen genügen, dabei war die Auslieferung der ersten Kundenfahrzeuge schon auf Januar 1956 verschoben worden. Dieses Problem erkannte auch der 1957 neu ernannte Volvo-Vorstandsboss Gunnar Engellau, der deshalb im Frühling vor 60 Jahren das sofortige Produktionsende für den Volvo Sport P 1900 beschloss.
Wenn der Volvo Sport P 1900 heute zu den gesuchtesten schwedischen Klassikern zählt, liegt das nicht nur an seiner kleinen Auflage, sondern auch an seinem Stellenwert als erster echter Sportwagen aus Skandinavien, der im Volvo P 1800 einen spektakulären Nachfolger fand. Überdies war der leistungsstarke und zuverlässige Doppelvergaser-Motor des Sportwagens ab 1957 auch für den PV 444 lieferbar, der damit Volvo in den USA endgültig als „sensational family sports car” etablierte. Diesen Ruf bestätigten auch zahllose Motorsporterfolge. (ampnet/jri)