Das hohe C
Für Alfa Romeo ist der 24. Juni ein historisches Datum: An jenem Tag vor 110 Jahren wurde die Biscione – wie die Traditionsmarke in Italien in Anlehnung an die Schlange im Logo genannt wird – gegründet. Mit der „Storie Alfa Romeo“ wird jetzt im Internet auf die über 100-jährige Geschichte zurückgeblickt. Dabei werden nicht nur die bekanntesten Modelle der Marke anhand von Archivaufnahmen aus dem Museo Storico, dem Werksmuseum von Alfa Romeo, im Mailänder Vorort Arese, vorgestellt. Der Blick gilt auch der Geschichte und gesellschaftlichen Entwicklung Italiens.
Mit dem 450 PS (332 kW) starken 8C Competizione knüpfte Alfa Romeo 2006 an seine klassische Sportwagentradition an. Der 8C verwies auf Vorbilder in der Markenhistorie und gab gleichzeitig einen Blick in die Zukunft. Die Modellbezeichnung – 8C steht für „otto cilindri“ (acht Zylinder) – erinnerte an erfolgreiche Acht-Zylinder- Rennfahrzeuge der 1930er-Jahre, Competizione war eine Referenz an die legendären Alfa Romeo der 1950er-Jahre, die unter anderem Siege beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und beim berühmten Straßenrennen Mille Miglia feierten. Das Design des in Kleinserie gebauten Supersportwagens inspirierte spätere Serienmodelle wie die Giulietta, den Mito und den 4C. Innerhalb von wenigen Wochen gingen rund 1400 Bestellungen ein – die limitierte Serie von 500 Stück war ausverkauft, noch bevor die Produktion startete.
Vorausgegangen war ein Konzeptfahrzeug, das auf der IAA 2003 in Frankfurt präsentiert wurde. Das Showcar wurde dann nach der Entscheidung zur Serienfertigung innerhalb von nur acht Monaten zum Produktionsmodell weiter entwickelt. Der Alfa Romeo 8C Competizione wurde in seiner endgültigen Form auf dem Pariser Autosalon im Herbst 2006 vorgestellt. Den traditionellen Leichtbau realisierte das Unternehmen in diesem Falle durch eine spezielle Chassiskonstruktion und die Verwendung von Aluminium, Titan, Kohlenstoff und Verbundwerkstoffen Für eine ausgeglichene Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse sorgte die Transaxle-Bauweise mit längs eingebauten Frontmotor und Getriebe an der Hinterachse. Der V8-Saugbenziner mit 4,7 Litern Hubraum ermöglichte eine Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h in 4,2 Sekunden. Zum ersten Mal seit Anfang der 1990er-Jahre wurde außerdem ein Serienfahrzeug von Alfa Romeo wieder ausschließlich über die Hinterräder angetrieben
Das Karosseriedesign des 8C Competizione zitierte die berühmtesten Stilelemente der Alfa Romeo und beeinflusste alle späteren Baureihen, wie zum Beispiel Mito und Giulietta. 2011 erhielt der Alfa Romeo 8C Competizione eine jüngere Schwester – in Italien sind Autos traditionell weiblich –, den 4C. Die Verwandtschaft war eindeutig, allerdings wurde der kompakte Sportwagen in nichtlimitierter Auflage gebaut.
Bei der Entwicklung des Alfa Romeo 4C wandten die Ingenieure nicht die beliebte Strategie an, auf möglichst hohe Motorleistung zu setzen. Stattdessen senkten sie durch die Verwendung von Hightech-Materialien das Gewicht. Fahrbereit wog der Alfa Romeo 4C nur wenig mehr als 1000 Kilogramm, das Leistungsgewicht lag unter vier Kilogramm pro PS. Die Karosserie wurde teilweise aus speziellen Kunststoffen gefertigt. Das wesentliche Merkmal war jedoch das in so genannter Honeycomb-Bauweise aus Kohlefaser hergestellte Monocoque, eine auch in der Formel 1 verwendete Technologie. Einzelne mit Harz getränkte Fasermatten wurden zu einem Bauteil zusammengefasst und in einem großen Ofen unter Vakuum regelrecht gebacken. Die Fahrerkabine wog nur 65 Kilogramm und erfüllte trotzdem die Aufgaben einer tragenden Struktur.
Auch der Turbomotor des Alfa Romeo 4C war ultraleicht. Er produzierte 240 PS (177 kW) aus einem Hubraum von 1750 Kubikzentimetern und wurde nahezu vollständig aus Aluminium gefertigt. Um eine optimale Gewichtsverteilung des gesamten Fahrzeugs zu erreichen, wurde der Vierzylinder – deswegen die Modellbezeichnung 4C – hinter dem Cockpit quer als Mittelmotor platziert. Für die Verbindung zur Hinterachse sorgte ein Doppelkupplungsgetriebe.
Auch das Fahrwerk des Alfa Romeo 4C zeigte die Nähe zum Rennsport. Die Vorderachse wurde von doppelten Dreiecksquerlenkern geführt, Federung und Dämpfung waren direkt mit dem Monocoque verschraubt. An der Hinterachse kam eine Weiterentwicklung des klassischen McPherson-Systems zum Einsatz. Der Alfa Romeo 4C erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von über 255 km/h und beschleunigte in 4,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Ihn gab es ebenfalls auch als Spider. Ende vergangenen Jahres wurde die Produktion des 4C eingestellt. Damit verschwand der vorerst letzte klassische Sportwagen der Marke, die nun stattdessen mit dem Giulia auf eine Hochleistungslimousine setzt. (ampnet/jri)